Thermische Nutzung verändert Artenvielfalt im Grundwasser

mikroorganismenGrundwasserwärmepumpen gelten als moderne Alternativen, um Häuser zu heizen bzw. zu kühlen. Die thermische Nutzung von Grundwasser beeinflusst allerdings die Artenvielfalt Grundwasser bewohnender Mikroorganismen und Kleinlebewesen. Dies zeigt eine Studie von Wissenschaftlern des Helmholtz Zentrums München, in der weltweit erstmals Auswirkungen der immer bedeutender werdenden Verwendung von Grundwasser zu Heiz- oder Kühlzwecken auf Ökosysteme untersucht wurden. Die im Rahmen der Pilotstudie beobachteten Effekte waren allerdings zu gering, um die Qualität des Grundwassers an dem untersuchten Standort und seine mögliche Eignung zur Trinkwassergewinnung zu beeinträchtigen

In einem einjährigen Feldversuch haben Wissenschaftler des Instituts für Grundwasserökologie am Helmholtz Zentrum München systematisch beobachtet, welche Auswirkungen die Nutzung eines oberflächennahen Grundwasserleiters zu industriellen Kühlzwecken hat. Heike Brielmann, Christian Griebler, Susanne Schmidt und Tillmann Lüders untersuchten dazu regelmäßig Grundwasserproben aus den Beobachtungsbrunnen einer im nördlichen Münchner Umland gelegenen Anlage. Sie führten Temperaturmessungen durch, analysierten wichtige physikalisch-chemische Parameter und bestimmten die Zahl, Aktivität und Vielfalt der vorhandenen Mikroorganismen und Fauna, d. h. Kleinlebewesen.

Das Forscherteam, das bei seinen Untersuchungen eng mit dem Wasserwirtschaftsamt und dem Betreiber der Anlage zusammen arbeitete, konnte deutliche biologische Effekte im Grundwasser nachweisen: Die Veränderungen der Temperatur beeinflussten die Artenvielfalt im Ökosystem. Während Mikroorganismen mit der Temperatur in ihrer Biodiversität zunahmen, war für die Grundwasserfauna eine Abnahme der Artenvielfalt festzustellen. „Wir beobachten Veränderungen im Ökosystem“, erläutert Erstautorin Dr. Heike Brielmann, „diese sind aber bei der untersuchten Anlage mit einer Temperaturspanne von nur 10°C bis 20°C eher gering“. Arbeitsgruppenleiter Dr. Tillmann Lüders ergänzt: „Bei so sauberem Grundwasser wie es am Untersuchungsstandort vorlag, ist aus den beobachteten Veränderungen keine Gefährdung des Ökosystems und der Grundwasserqualität zu erkennen. Eine Beeinträchtigung einer möglichen Trinkwassernutzung lässt sich hier nicht ableiten.“

Eine andere Ausgangslage erwarten die Wissenschaftler hingegen bei Grundwässern mit einer erhöhten Hintergrundbelastung, wie dies in der Regel bei intensiver landwirtschaftlicher Nutzung und in städtischen Gebieten der Fall ist: Eine Zunahme wärmeliebender Mikroorganismen könnte hier zu einer zusätzlichen Beeinträchtigung der Grundwasserqualität führen. Diese Frage soll jetzt in einer langfristigen Studie untersucht werden. Ziel des Projekts ist es, Leitlinien für die thermische Grundwassernutzung zu erarbeiten, die sich an ökosystemaren Kriterien orientiert. Das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt schafft so wichtige Voraussetzungen für eine nachhaltige Nutzung von Grundwasser für Heiz- und Kühlzwecke und den Schutz unserer wichtigsten Trinkwasser-Ressource.

Das Aquitherm-Projekt wird von der Life Science Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Forschung unterstützt.

Weitere Informationen

Originalveröffentlichung: H. Brielmann et al.: Effects of thermal energy discharge on shallow groundwater ecosystems. FEMS Microbiol Ecol. 2009 Jun;68(3):273-86.

Das Helmholtz Zentrum München ist das deutsche Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt. Als führendes Zentrum mit der Ausrichtung auf Environmental Health erforscht es chronische und komplexe Krankheiten, die aus dem Zusammenwirken von Umweltfaktoren und individueller genetischer Disposition entstehen. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 1680 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens auf einem 50 Hektar großen Forschungscampus. Das Helmholtz Zentrum München gehört der größten deutschen Wissenschaftsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft an, in der sich 16 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit insgesamt 26500 Beschäftigten zusammengeschlossen haben.

Das Institut für Grundwasserökologie untersucht die Auswirkung von Umwelteinflüssen wie Schadstoffen oder Temperaturänderungen auf das Grundwasser. Zentrales Ziel ist die Erforschung von mikrobiellen Prozessen wie der Selbstreinigung. Damit werden Entscheidungsgrundlagen für Wissenschaft und Politik geschaffen, um das Ökosystem Grundwasser als wichtige Trinkwasserquelle zu erhalten.

Kontakt

Sven Winkler, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Ingolstädter Landstraße 1 85764 Neuherberg
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